Vorbemerkungen: Formaldehyd stellt innerhalb der flüchtigen organischen Verbindungen einen Sonderfall dar. Dieser Stoff gehört zur Stoffgruppe der Aldehyde und ist ein giftiges, farbloses, brennbares Gas mit säuerlich-stechendem Geruch. Er ist sehr gut löslich in Wasser und Alkohol. Die wässrige Lösung von Formaldehyd (37%) ist unter dem Namen Formalin ein wichtiges Handelsprodukt.
In erhöhten Raumluftkonzentrationen kann Formaldehyd Allergien, Haut-, Atemwegs- oder Augenreizungen verursachen, die Auslöseschwellen sind jedoch individuell verschieden.
Formaldehyd wird nur selten direkt in Innenraumprodukten eingesetzt, sondern entsteht in der Regel durch Reaktion von Klebern oder Bindemitteln mit Wasser (Luftfeuchte). Folgende Produkte kommen in Innenräumen hierfür hauptsächlich in Betracht:
- verleimte Produkte aus Holzwerkstoffen, Korkplatten und ähnlichen Materialien (formaldehydabspaltende Kleber)
- Dämmstoffe und Ausschäummaterial (Formaldehyd-Harnstoff-Schäume)
- Anstrichstoffe, Farben, Lacke, Parkettsiegel (Formaldehyd im Konservierungs- oder Bindemittel)
- Glas- und Steinwolle, Fasermatten (formaldehydhaltige Bindemittel)
- Textilien und textile Bodenbeläge (Veredelung mit Harnstoff-Formaldehyd-Harzen)
Historisch stellte die Formaldehyd-Abgabe aus Spanplatten die größte Formaldehyd-Quelle im Innenraum dar. Für Spanplatten wurden daher die Formaldehyd-Emissionsklassen F0, E1, E2 und E3 festgelegt. Diese haben folgende Bedeutung:
Bezeichnung F 0:
Der Holzwerkstoff enthält kein Formaldehyd. (Das stattdessen verwendete Bindemittel enthält gebundene Isocyanate; diese werden in der gebundenen Form als ungefährlich angesehen; sie sind jedoch in Produktion und Verarbeitung problematisch)
Bezeichnung E 1:
Aussage: Das Material lässt unter festgelegten Bedingungen (s.u.) nicht mehr als 0,1 ppm Formaldehyd in der Raumluft entstehen.
Bezeichnung E 2:
Das Material lässt unter festgelegten Bedingungen nicht mehr als 1,0 ppm Formaldehyd in der Raumluft entstehen.
Bezeichnung E 3:
Das Material lässt unter festgelegten Bedingungen nicht mehr als 1,4 ppm Formaldehyd in der Raumluft entstehen
Für den Innenausbau sind in Deutschland nur noch Holzwerkstoffe der Emissionsklassen F0 und E1 zugelassen. Hiermit soll gewährleistet werden, dass der Grenzwert von 124 µg/m³ (0,1 ppm) für Innenräume eingehalten wird.
Probenahme und Analytik
Die Raumluftprobenahme auf Formaldehyd erfolgt im aktiven Anreicherungsverfahren gemäß der Richtlinie ISO 16000 Blatt 3 in Verbindung mit DIN EN ISO 16000 Blatt 1 auf DNPH-Kartuschen. Seit einigen Jahren ist auch eine passive Langzeitprobenahme mit Hilfe von Radiello® Passivsammlern möglich. Die Analytik wird nach Lösungsmitteleluation mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) realisiert.
Beurteilungskriterien Formaldehyd:
2004 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation WHO die Substanz Formaldehyd als „krebserregend für den Menschen“ (CMR-Gefahrstoff) ein. CMR-Stoffe (karzinogene, mutagene und reproduktionstoxische Stoffe) zählen zu den besonders gefährlichen Stoffen und sollten durch weniger gefährliche Stoffe substituiert werden. Auf die Einstufung der WHO gründet sich auch eine neuere Einschätzung des Berliner Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), die Formaldehyd ebenfalls als „krebsauslösend für den Menschen“ einstuft. Der vom ehemaligen Bundesgesundheitsamt veröffentlichte Richtwert von 124 µg/m³ (0,1 ppm) für Formaldehyd wurde inzwischen in diesem Zusammenhang bestätigt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt eine Unterschreitung eines Vorsorgewertes von 60 µg/m³. Dies entspricht in etwa der durchschnittlichen Raumluftbelastung in deutschen Innenräumen.